- Dr. Dominic Kempf, Scientific Software Center, Universität Heidelberg
- Dr. Yves Vincent Grossmann, Universitätsbibliothek, Goethe-Universität Frankfurt
- Dr. Frank Löffler, Kompetenzzentrum Digitale Forschung, Friedrich-Schiller-Universität Jena
- Dr. Jan Linxweiler, Universitätsbibliothek, Technische Universität Braunschweig
Die Bedeutung von Forschungssoftware im wissenschaftlichen Erkenntnisprozess nimmt zu. Der Umgang mit Forschungssoftware erfordert jedoch entsprechende Kompetenzen, die oft vernachlässigt werden. Institutionen haben oft kein klares Konzept bezüglich der Entwicklung und Nutzung von Forschungssoftware, sowie der Entwicklung entsprechender Kompetenzen. Das Symposium wird Vertreter:innen der Research Software Engineering Community, Bibliotheken, Einrichtungen des Forschungsdatenmanagements, Rechenzentren, Open Science Offices und andere relevante Akteure zusammenbringen, um Handlungsempfehlungen für Institutionen zu erarbeiten. Themen umfassen die Verankerung von Forschungssoftware in Institutionen, Bewusstseinsbildung, Curricula-Integration, Best-Practice-Beispiele, Forschungssoftware-Policies, sowie nationale und internationale Kooperationen. Der Workshop soll Lösungen identifizieren, wie Akteure und Institutionen befähigt werden können, Forschungssoftware effektiver zu nutzen bzw. nutzbar zu machen. Die erarbeiteten Handlungsempfehlungen werden im Open Access veröffentlicht und in die entsprechenden Communities zurückgespielt.
The importance of research software in the scientific knowledge process is increasing, yet the required corresponding competencies are often neglected. Institutions often lack a clear concept regarding the development and use of research software, as well as the development of the corresponding competencies. The symposium will bring together representatives from the Research Software Engineering Community, libraries, research data management facilities, computing centers, Open Science Offices, and other relevant stakeholders to develop recommendations for institutions. Topics covered may include establishing research software in institutions, awareness building, integration of research software into curricula, best practice examples, research software policies, as well as national and international collaborations. The workshop aims to identify solutions on how stakeholders and institutions can be empowered to use and develop research software more effectively. The developed recommendations will be published in open access and fed back into the relevant communities.
Forschungssoftware (Software, die als Teil der oder speziell für die Forschung entwickelt wird) nimmt im wissenschaftlichen Erkenntnisprozess eine zunehmende Bedeutung ein. Diese Entwicklung eröffnet vielen Forschungsfeldern neue Möglichkeiten, benötigt jedoch auch die entsprechenden Kompetenzen. Trotzdem wird Forschungssoftware und insbesondere der entsprechende Kompetenzaufbau häufig von wissenschaftlichen Einrichtungen nicht im notwendigen Umfang adressiert. Nicht selten gibt es keine Übersicht, wer innerhalb einer Institution Forschungssoftware entwickelt, betreibt und erhält. Synergien und Kommunikationswege entstehen selten oder meist zufällig. Ähnlich ist es um Kompetenzentwicklung in diesem Bereich bestellt. Während lokal einige Fachbereiche durchaus erfolgreiche Anstrengungen unternehmen, wird von der breiten Masse der Studierenden und damit der zukünftigen Forschenden erwartet, sich diese Kompetenzen selbstständig in der Freizeit anzueignen und das oft ohne nützliche Hinweise, was genau eigentlich später gebraucht wird. Hier setzt der Workshop an. Mit deRSE als deutschem Ableger der weltweiten RSE-Interessengemeinschaft (RSE: Research Software Engineering (bzw. auch Engineer): alle Aktivitäten rund um Forschungssoftware über das reine Benutzen hinaus (bzw. die Menschen, die dies tun)) finden sich für das Thema bundesweit engagierte Akteure, die dazu beitragen möchten, das Thema Forschungssoftware sowohl direkt als auch indirekt z.B. durch Verankerung an Institutionen zu entwickeln. Andere Länder, wie beispielsweise die Niederlande mit deren eScience-Center oder Großbritannien mit dem UK-SSI, zeigen, welche Möglichkeiten sich im Kontext von Forschungssoftware entfalten. Eine Säule für diesen Erfolg sind technische und organisatorische Infrastrukturen wie beispielsweise Versionierungswerkzeuge, Software Policies, eigene Förderlinien oder lokale RSE-Teams zur Forschungsunterstützung. Eine zweite Säule sind „die Menschen“. Ohne Fähigkeiten im Bereich Softwareentwicklung, -management usw. bleibt die Handhabung von Forschungssoftware hinter ihren Möglichkeiten zurück. Coding-Schools, Software-Carpentries (The Carpentries: eine international tätige, gemeinnützige Organisation mit dem Ziel, digitale Kompetenzen im wissenschaftlichen Umfeld zu stärken) und Software in Curricula sind der erste Schritt des Kompetenzgewinns für Individuen. Selbst innerhalb der Gruppe der Forschenden ist das Maß dessen, das für einen mündigen und produktiven Umgang mit Forschungssoftware ausreichend ist, sehr individuell. Mit Forschungssoftware kommen aber nicht nur Forschende in Berührung. Auch das unterstützende Personal, etwa in Rechenzentren, Bibliotheken, der Verwaltung, in Forschungsdatenmanagement-Teams, und auch bei weiteren Akteuren in der deutschen Wissenschaftslandschaft, z.B. bei Fördergebern oder Ministerien müssen explizites Wissen zu Forschungssoftware erwerben. Dabei ist es weder praktisch noch notwendig, überall alle Kompetenzen vorauszusetzen. Trotzdem, bzw. gerade deswegen ist es jedoch nötig, sich über grundlegende, notwendige Kompetenzen an den Schnittstellen auszutauschen. Das übergeordnete Ziel des hier beantragten Workshops ist gerade diese Diskussion: welche Fähigkeiten benötigen die Akteure im bundesdeutschen Wissenschaftssystem, um Forschungssoftware zielgerichtet zu entwickeln, organisieren und anzuwenden? Im Vorfeld lassen sich bereits einige Themenfelder erkennen:
- Institutionelle Schnittstellen zwischen RSEs und anderem Gruppen erkennen und dokumentieren
- Verankerung von Forschungssoftwarekompetenzen in Curricula
- Institutionalisierte Beratungsangebote zu Forschungssoftware
- Lernen vom Erfolg: Best-Practice-Beispiele
- Forschungssoftware-Policies: Sammlung und Vergleich
- Flexible Miteinbeziehung der anderen Symposien wenn naheliegend bzw. erwünscht.
Das zentrale Ergebnis des Workshops wird es sein, Anfänge für Empfehlungen zu erstellen, auf welche Art und Weise die verschiedenen Akteure und ihre Institutionen befähigt werden können, mit Forschungssoftware und insbesondere entsprechender Kompetenzgewinnung bewusster umzugehen. Dabei sollen umsetzbare Lösungsmöglichkeiten für identifizierte Probleme aufgezeigt werden, oder der Weg zur zukünftigen Entwicklung solcher Lösungen skizziert werden. Zur Erarbeitung solcher Lösungsansätze setzen wir in unserem Symposium darauf, eine Vielzahl von Akteur:innen, welche am Komplex Forschungssoftware beteiligt sind, zusammenzuführen. Dies umfasst Vertreter:innen der deutschen Research Software Engineering Community sowie von Bibliotheken, Rechenzentren, Open Science Offices, Einrichtungen des Höchstleistungsrechnen, des Forschungsdatenmanagements sowie der inner- und überinstitutionellen Weiterbildung. Der Ablauf des Symposiums ist dabei wie folgt gestaltet (Details der angewandten Formate siehe unten):
- Montag: Speeddating als Icebreaker und Kennenlernmethode, Impulsvorträge der vertretenen Gruppen. Die Impulsvorträge werden anhand von Leitfragen Impulse für die folgende Interaktion geben. Leitfragen sind dabei: „Welche Bedeutung haben Kompetenzen im Umgang mit Forschungssoftware in Ihrem Bereich?“, „Was für herausragende Erfolgsgeschichten hinsichtlich Forschungssoftware sehen Sie in Ihrem Bereich?“, „Welche Defizite hinsichtlich Forschungssoftware sehen Sie in Ihrem Bereich?“
- Dienstag: Eins-Zwei-Vier-Alle zur Identifikation von Themen, die sich für eine weitere Bearbeitung mit dem Teilnehmer:innenkreis eignen. Dabei werden die Impulse des Vortages aufgegriffen und sukzessive in realisierbare, ergebnisorientierte Fragestellungen verwandelt. Danach folgt in inhaltliche Arbeit an den gewählten Fragestellungen in Breakout-Sessions. Am Nachmittag erfolgt eine Rückkopplung der erarbeiteten Gedanken ins Plenum in Form eines World-Cafes.
- Mittwoch: Fortsetzung der Breakout-Sessions mit Fokus auf Ergebnissicherung und abschließendes Plenum.
Durch die einzigartige Zusammenstellung des Teilnehmer:innenkreises des Symposiums und den reizvollen Rahmen erhoffen wir uns eine produktive Atmosphäre. Wir sehen hier eine großartige Chance, Impulse zu geben, welche die Vernetzung der Forschungssoftwarecommunity mit anderen Communities vorantreiben. Durch den ergebnisorientierten Fokus auf konkrete und auch niederschwellige Handlungsempfehlungen erhoffen wir zudem einen direkten Effekt innerhalb der Universitäten und Forschungseinrichtungen.
Wir planen mit einer Gesamtteilnehmerzahl von etwa 35 Personen, inklusive der Organisatoren. Um einen intensiven Austausch der RSE Community mit Gästen in anderen Rollen zu ermöglichen, planen wir, einen Kern von 10-12 Mitgliedern der RSE Community einzuladen. Hierzu werden wir die Veranstaltung auf der Mailingliste des Vereins de-RSE e.V. (~700 Abonnent:innen) bewerben mit der Bitte um Bewerbungen unter Angabe von Name, Institution, primärem Wissenschaftsbereich (nach DFG-Klassifikation), Geschlecht (m/w/d), Karrierestufe (vor Promotion, Promotion vor < 3 Jahren, Promotion vor >= 3 Jahren) und kurzer Motivation. Aus diesen Bewerbungen werden wir eine möglichst diverse und motivierte Gruppe auswählen. Das anvisierte Symposium lebt davon, das Tätigkeitsspektrum der am Komplex Forschungssoftware beteiligten Personen in seiner Vielfältigkeit abzudecken. Wir planen daher für die folgenden Tätigkeitsgruppen jeweils mit 3-4 Vertreter:innen: Bibliotheken, Rechenzentren, Einrichtungen des Höchstleistungsrechnens, Serviceeinrichtungen des Forschungsdatenmanagements, Open Science Offices und Weiterbildungseinrichtungen. Wir gehen für diese Rollen nach folgender Einladungsstrategie vor: für jeden dieser Bereiche wird von uns ein „Champion“ benannt. Diese Person erhält eine Einladung für einen kurzen Impulsvortrag sowie die Möglichkeit, weitere Vertreter:innen des Bereichs einzuladen, ebenfalls mit der Bitte um eine möglichst diverse Beteiligung. Auf diese Weise greifen wir auf das Netzwerk und die Expertise der Champions zurück und erreichen mehr potentielle Teilnehmer:innen.
Neben diesen Interessengruppen halten wir es für sinnvoll, zusätzlich Einzelpersonen anderer Institutionen als Beobachter:innen einzuladen, beispielsweise Vertreter:innen von Fördergebern. Diese Einladungsstrategie birgt grundsätzlich die Gefahr eines Bias, da innerhalb unserer bzw. der Netzwerke unserer Champions eingeladen wird. Wir sind uns dieser Gefahr bewusst, sehen diese jedoch als nicht kritisch an: Wir beanspruchen nicht für uns, eine Teilnehmerschaft zusammenzustellen, die repräsentativ für das Wissenschaftssystem ist. Vielmehr verfolgen wir das Ziel, eine motivierte und bereichsübergreifende Gruppe zusammenzustellen, welche mit visionären Ideen das Thema Forschungssoftware bearbeiten will. Das Thema demographische Diversität soll eine besondere Gewichtung erhalten: Die Repräsentation von Wissenschaftlerinnen und Early Career Researchern (Promotion vor < 3 Jahren) soll dadurch sichergestellt werden, dass wir die Champions verpflichten, bei ihren Einladungen diese beiden Gruppen mit jeweils mindestens einer Person zu berücksichtigen. Zudem werden wir einen Code of Conduct (angelehnt an den der Carpentries) für das Symposium anwenden, welcher eine geschützte Atmosphäre für die Veranstaltung schafft.
Plenum: Zur Begrüßung und zum abschließenden Fazit werden wir als Organisatoren zum Plenum sprechen. Raumbedarf: Plenumsraum für 35 Teilnehmer:innen
Impulsvorträge: Die „Champions“ der Interessengruppen bekommen jeweils die Möglichkeit, im Rahmen eines Impulsvortrags (10+5 Minuten) das Thema Forschungssoftware aus ihrer Sicht zu beleuchten. Wir erhoffen uns hiervon ein Zusammenführen der heterogenen Teilnehmer:innen und wertvolle Impulse für die inhaltliche Arbeit. Raumbedarf: Plenumsraum für 35 Teilnehmer:innen
Science Speed-Dating: Statt einer Vorstellungsrunde planen wir eine Speeddatingrunde, in der alle mit jeweils allen anderen Teilnehmern einzeln für 2-3 Minuten sprechen. Wir erhoffen uns hiervon eine bessere Interaktion in später gebildeten Kleingruppen und einen zusätzlichen Anreiz zur Identifikation von Synergien. Raumbedarf: Plenumsraum ohne oder mit flexibler Bestuhlung
Eins-Zwei-Vier-Alle: Format zur Findung von Themen für die Breakout-Sessions an Tag 2. In aufeinanderfolgenden Arbeitsaufträgen wird in einer Gruppe von eins, zwei und vier Personen zu vorgegebenen Impulsfragen gearbeitet. Zum Schluss werden die erarbeiteten Ideen im Plenum vorgetragen und Breakout-Sessions gebildet. Wir erhoffen uns hiervon einen zielgerichteten, interaktiven Prozess zur Themenfindung. _ Raumbedarf: Plenumsraum ohne Bestuhlung oder mit flexibler Bestuhlung_
Breakout-Sessions: Bearbeitung unabhängiger Themen in Gruppen von fünf bis sieben Personen. Dieses Format bildet den Kern der inhaltlichen Arbeit und zielt auf die Erarbeitung von Ergebnisse ab, welche im Nachgang veröffentlicht werden können. Die Gruppengröße erlaubt sowohl ein produktives Arbeiten im Team als auch eine gute Abdeckung des Komplexes Forschungssoftware mit der Anzahl an Gruppen. Raumbedarf: Idealerweise etwa fünf kleinere Räume mit flexibler Bestuhlung inklusive Tische, ggf. auch drei Räume für je zwei Gruppen.
World Cafe: Interaktives Format, um das Feedback aller Teilnehmer:innen in die Arbeit der Breakout Gruppen zu integrieren. Wir erhoffen uns hiervon einen höheren Erfolg der Arbeit in Breakout-Sessions. Raumbedarf: flexibel. Idealerweise mehrere (z.B. drei) kleinere Räume mit flexibler Bestuhlung, Stellwänden und Integration von Bewirtung.
Die in den Breakout Sessions erarbeiteten Inhalte sollen am letzten Tag des Symposiums in einer Form verschriftlicht werden, so dass wir einen abschließenden Bericht veröffentlichen können. Dieser Report soll Gedankenanstöße für Vertreter:innen des Wissenschaftssystems in verschiedenen Rollen liefern, die in ihrer Arbeit Berührungspunkte mit Forschungssoftware haben. Er soll dabei entweder umsetzbare Lösungsmöglichkeiten für identifizierte Probleme aufzeigen oder den Weg zur zukünftigen Entwicklung solcher Lösungen bereiten. Dieser Bericht wird als Open Access Publikation der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Er wird zudem über das Netzwerk de-RSE e.V. und die persönlichen Netzwerke unserer Champions verbreitet. Der de-RSE Community werden die Resultate weiterhin in Form eines Vortrags auf der Communitykonferenz de-RSE25 (März 2025, Karlsruhe) von den Organisatoren vorgestellt. Als zusätzlichen Veröffentlichungskanal planen wir, Peter Schmidt, Macher des RSE-Podcasts „Code for Thought“, einzuladen und eine Episode über das Symposium aufzunehmen.