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Sitzungsberichte der Mathematisch-Physikalischen Klasse der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München.

Band V. Jahrgang 1875.

München.

Akademische Buchdruckerei von F. Straub.

4. Dezember 1875.

In Kommission bei G. Franz.

Herr Karl Wilhelm von Gümbel hält einen Vortrag:

„Über die Beschaffenheit des Steinmeteoriten vom Fall am 12. Februar 1875 in der Grafschaft Iowa Nordamerika“

Am 12. Februar dieses Jahres ereignete sich in der Grafschaft Iowa in Nordamerika nach den Angaben von John Lawrence Smith* Abends um 10 1/2 Uhr bei leicht bewölktem Himmel unter starkem Knall* der Fall eines weithin sichtbaren Meteors, welcher eine große Anzahl von Steine lieferte. Smith berichtet, dass bis dahin ungefähr 150 Kilogramm Steine gesammelt wurden, von denen 25 Kilogramm Prof. Hinrichs zukamen. Seiner Güte verdankt die Akademie ein ungefähr 1500 Gramm schweres prächtiges Stück, welches die Veranlassung, zu der nach folgender näherer Beschreibung der Beschaffenheit dieses höchst merkwürdigen Meteorsteins gab.

Der Meteorit von Iowa [Homestead] gehört zu der Klasse jener am häufigsten vorkommenden Steine, welche man als Chondrit zu bezeichnen pflegt, oder nach [Gabriel Auguste] Daubrée in die Abteilung der Sporadosiderit und in die Gruppe der Oligosiderit, einreiht wie bereits Prof. Hinrichs* in dem Begleitbriefe zu einem der Pariser Akademie über-schickten Stück dieses Meteorsteins ganz richtig bemerkt hatte und Daubrée selbst bestätigte.

*) Comptes rendus d. seance de l'Academie d. sc. à Paris. T. LXXX. Nr. 23. 1875. p. 1451.

*) The Americ. Journ. ob. sc. a arts. f. Dana a. Silliman. Mai 1875. Vol. IX. Nr. 53. p. 407.

*) Comptes rendus d. s. de l'Acad. d. sc. 1875. p. 1175.

Der ziemlich scharfkantige, spitzwinkelige, unregelmäßig tetraedrische Stein ist mit einer schwarzen Schmelzrinde rings bedeckt, und im Innern licht gräulich weiß, mit zahlreichen kleinen schwarzen Knöllchen und Körnchen von Meteor- und Schwefeleisen, und zerstreut vorkommenden kleinen Rostflecken versehen. Der Stein ist ziemlich hart und lässt sich nicht mit der Hand zerreiben. Er gleicht dem allgemeinen Charakter nach sehr dem Steinmeteoriten von Pultusk, indem er wie dieser, abgesehen von Meteor- und Schwefeleisen, aus einer weißlichen und gelblichen Hauptmasse besteht, in welcher einzelne glasglänzende Olivinkörnchen und teils dunklere, teils hellere, zuweilen opake Kügelchen (Sphaerochondren) sich abheben. Daubrée* vergleicht ihn mit den Steinmeteoriten von Vouillé (13. Mai 1831) und von Aumale in Algier (25. August 1865). Es wird durch diesen Fall die bereits über alle andern Arten von Meteorsteinen weit überwiegende Zahl der Chondrit wiederum um eine vergrößert und der Eindruck des einheitlichen Ursprungs aller dieser Fragmente von einem einst zusammengehörigen Ganzen, den auch neulich Meunier* so stark betont, wesentlich verstärkt.

Die äußere, ziemlich scharfkantige und eckige Form der Steine dieses Falls, welche durch die dünne, oberflächliche Schmelzrinde nur wenig verwischt wird, deutet unzweifelhaft auf Bruchstücke einer zersplitterten größeren Steinmasse hin, welche durch Zertrümmerung einer bereits vollständig fertigen festen Substanz entstanden sind. Dass diese Zerstückelung zum Teil während des Falls durch die Atmosphäre der Erde erfolgte, wird durch die Beobachtung Smith's* angedeutet, welcher angibt, dass mehrere der gefallenen Steine wie frisch gebrochen aussahen und dass sich auf diesen Bruchflächen eine erst beginnende Schmelzung zeigt. Im Übrigen aber bemerkt man keine Abrundung, keine fadenförmige Ausbreitung oder strickartig gewundene, streifige Ausbildung, wie sie ein weicher, formbarer Körper bei einer Bewegung auf kosmischen Bahnen erhalten, oder aber bei vulkanenartigen Eruptionen im Fluge annehmen müsste, ähnlich den Rapilli und vulkanischen Bomben. Auch weist die innere trümmerig körnige Beschaffenheit ohne Spur von glas- oder lavaartigen Teilchen, welche mit einer feuerflüssigen Schmelzung der Masse direkt nicht in Übereinstimmung gebracht werden kann, jeden Gedanken an ein Eruptionsprodukt im Styl unserer Vulkane entschieden zurück. Äußere Form und innere Beschaffenheit dieser Art Meteorit sprechen demnach von petrographischen Standpunkten nicht zu Gunsten der Annahme, dass diese Meteorsteine als Erzeugnisse von gewaltigen vulkanenartigen Eruptionen etwa von den Monden ausgeworfen seien. Ebenso unwahrscheinlich ist ihre Abstammung aus dem Schwarm der Sternschnuppen schon deshalb, weil die Zeit der Meteoriten-fälle, soweit die Beobachtungen reichen, nicht mit der Zeit zusammentrifft, in welche das Maximum des Erscheinens der Sternschnuppen fallt. Auch wäre bei dieser Annahme die so auffallende Gleichartigkeit in der Zusammensetzung der Steinmeteoriten kaum zu erklären. Es gewinnt daher die Ansicht sehr an Wahrscheinlichkeit, dass wir es mit Bruchstücken von Himmelskörpern zu tun haben, welche durch eine Zertrümmerung, sei es in Folge von Zusammenstoß oder durch eine Art Zerstäubung aus inneren Ursachen entstanden sind, wobei die Schleuderkraft das Übergewicht über die ursprüngliche Attraktionskraft erlangte und die Trümmer in die Anziehungsnähe der Erde gelangt, auf diese fallen mussten. Ob sie Teile eines Asteroidenkörpers, oder, wie Meunier will, eines zweiten Erdtrabanten sind, bleibt astronomischen Erörterungen, die hier ferne liegen, zu entscheiden vorbehalten.

*) Comptes rendus d. s. de l'Acad. d. sc. 1875. 1175.

*) Cours de géologie comparée. Vergleiche auch: Tschermak, Bildung der Meteoriten, Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien. Bd. LXXI, 2. Abth. 1875.

Rinde.

Der vorliegende Steinmeteorit von Iowa ist äußerlich, abgesehen von einer kleinen künstlichen Bruchstelle, allseitig mit einer schwarzen, mattschimmernden, schwach-runzeligen Rinde von durchschnittlich 0,05 m Dicke überzogen. Dieser glasartige Überzug ist einfach rissig, zerklüftet und lasst sich ziemlich leicht von der Hauptmasse ablösen, wobei jedoch Teile des letzteren daran haften bleiben. Im Innern des Steines bemerkt man an dem vorliegenden Stein keine der Rinde ähnliche Adern oder glatte Flachen, welche z. B. die Steine von Pultusk so häufig durchziehen.

Diese Rinde besteht nach näherer Untersuchung ans einer schwer durchsichtigen, glasartigen Masse, welche das Licht einfach bricht und stellenweise zahlreiche Bläschen und Poren umschließt, doch nicht in so ausgezeichneter Weise, wie ich dies an der Rindensubstanz des Steins von Pultusk beobachtet habe. Die Rinde ist über die Oberfläche des Steins nicht ganz in gleicher Weise ausgebreitet; an einzelnen Stellen erkennt man die bei gelinde Reiben mit metallischem Glanz hervortretenden Meteoreisenteilchen, an ändern ist sie äußerst dünn und etwas heller gefärbt, oder aber auch dicker und zugleich meist auch stärker glänzend. Wie Dünnschliffe zeigen, entsprechen die dünnrindigen Stellen dem Hineinragen von Olivinkörnchen in die Rindenregion, während da, wo Schwefeleisen hier vorkommt, eine dickere Schmelzrinde entstanden ist.

Es ist wegen der Tiefe der Färbung sehr schwierig, die Rinde in Dünnschliffen durchsichtig zu erhalten. Leichter gelingt dies durch Zerdrücken kleiner Splitterchen zwischen zwei Glasblättchen. Sie zeigt alsdann eine tief bouteillengrüne bis braunrote Farbe und verhält sich im polarisierten Lichte wie eine amorphe Glasmasse. Diese Beschaffenheit bestätigt die Annahme, dass die Rinde durch eine oberflächliche Schmelzung beim Fliegen durch die Atmosphäre der Erde gebildet worden sei, also eine echte Schmelzrinde darstellt. Zu den Vergleichen wurden kleine Splitterchen aus dem Innern des Steins v. d. L. geschmolzen, was nur in ganz dünnen Stückchen an den feinen Spitzen gelingt. Die geschmolzene Masse zeigt ganz die Beschaffenheit der Schmelzrinde, dieselbe Farbe und dieselben Bläschen. Eigentümlich verhält sich der Stein, wenn man ihn, ohne zu schmelzen, längere Zeit einer starken Rotglut aussetzt. Er nimmt dabei eine dunkle, braunschwarze Farbe an und zeigt beim Durchschlagen einzelne Flecken, die wie geschmolzen aussehen. Es sind dies die Ränder um die Schwefelkiesputzen, welche in der Tat eine Schmelzung erlitten haben. Verfertigt man von solchen geglühtem Stückchen Dünnschliffe, so sieht man in denselben, dass die größere Masse, woraus der Stein besteht, durch das Glühen eine tief braune Farbe angenommen hat, welche, wie ich früher* schon hervorgehoben habe, ein sehr gutes Kennzeichen für die Olivinbeimengung abgibt. Die schwarzen Ränder um die Schwefelkiesteilchen sind fast undurchsichtig, tiefbraun-gefärbt und brechen das Licht gleichfalls einfach, genau wie die Schmelzrinde. Diese dunkle Farbe, welche der Stein beim Erhitzen annimmt, die sich aber am natürlichen Stein selbst dicht unter der Schmelzrinde nicht vorfindet, beweist, dass die Schmelzhitze ihre Wirkung auf eine außerordentlich dünne Lage der Oberfläche beschränkte, ohne tiefere Teile des Gesteins in höhere Hitzegrade zu versetzen. Dieser Erscheinung gegenüber ist die Durchaderung mancher Meteorsteine anderer Fundstellen von ganz dünnen schwarzen Streifchen höchst bemerkenswert. Bei dem Stein von Pultusk, von dem mir Material zur Verfügung stand, fand ich, dass diese Äderchen gleichfalls aus amorpher Glassubstanz bestehen. Ähnlich scheinen sich auch die schwarzen, fast undurchsichtigen Flecke zu verhalten, welche in manchen Meteorsteinen durch die ganze Masse zerstreut vorkommen und wahrscheinlich die Ränder um leichteren Schmelzfluss erzeugende Einmengungen z. B. Schwefelkies darstellen.

*) Die paläol. Eruptivgesteine des Fichtelgebirges 1874. S. 39.

Ich glaube jedoch nicht, dass die oben erwähnten feinen Äderchen eine geschmolzene Masse ist, die von der Rinde aus ins Innere des Gesteins eingedrungen ist, sondern dass an solchen Stellen der Stein zersprungen oder rissig war, und dass sich auf diesen der Atmosphäre zugänglichen Rissen derselbe Schmelzprozess durch Reibung vollzog, wie auf der Oberfläche selbst.

Gesteinsmasse.

Die ziemlich harte, zwischen den Fingern nicht zerreibliche Hauptmasse des Steins besteht aus einer Zusammenhäufung von Trümmerteilchen, die ohne jede Zwischensubstanz aneinander agglutiniert sind, da sich weder ein glasartiges noch überhaupt ein ausgesprochenes Bindemittel zwischen den einzelnen Körnchen beobachten lässt. In größter Anzahl finden sich in der Hauptmasse kleine Splitterchen von Mineralien mit völlig unregelmäßigen Umrissen, wie sie durch Zertrümmerung von Kristallen oder kristallinischen Massen entstehen. Nur höchst selten sieht man — im Dünnschliffe — solche Stückchen, welche von regelmäßigen geraden Linien begrenzt, als Kriställchen oder regelmäßige Spaltungskörperchen gelten können (k der lithogr. Tafel). Dazu gesellen sich unregelmäßige eckige Körnchen, die an ihrem Glasglanz und an ihrer Farbe ziemlich sicher als Olivin zu bestimmen sind (o), weißliche Putzen einer opaken Substanz, kleine Körnchen von bleigrauem metallglänzendem Meteoreisen (f), tombackgelbe vielfach durchbrochene Häufchen von Schwefeleisen (s), deren feine Körnchen selten geschlossene Massen ausmachen und endlich jene kleinen abgerundeten bald dunkel-, bald hellfarbigen Kügelchen (Sphärochondren c), welche dem Stein den Charakter der Chondrit Rose's aufdrücken. Zerstreut oder zu kleinen Gruppen vereinigt stellen sich weiter noch äußerst feine schwarze, nicht metallischglänzende Staubteilchen (ch) ein, die entweder Chromeisen oder einer kohligen Substanz angehören, da sie jeder Einwirkung von Säuren Widerstand leisten.

Das Bild auf der beigegebenen lithographirten Tafel zeigt die Art der Verteilung dieser Gemengteile in einem Dünnschliff in 25-maliger Vergrößerung.

Erklärung der Randbezeichnungen der Lithographie
o Olivin,
a Augitische Teile,
f Meteoreisen,
s Schwefeleisen,
ch Chromeisen,
k Teile mit kristallartigem Umrisse,
io Olivinkörnchen im Meteoreisen,
g rötliche granatähnliche Einschlüsse,
c Sphärochondren und zwar:
cc mit konzentrischer Struktur,
sc mit fasriger Struktur,
fc mit strahliger Struktur,
kc mit körniger Struktur
oc aus Olivin bestehend,
dc opake feinkörnige Kügelchen.

Eine der merkwürdigsten Erscheinungen bei fast sämtlichen Gemengteilen, die metallischen abgerechnet, zeigt sich darin, dass die einzelnen Stückchen von einer erstaunlichen Menge feiner und feinster Risse durchzogen sind. Bei manchen Gemengteilen zeigt sich in der Richtung dieser endlosen Zerklüftung eine gewisse Regelmäßigkeit durch einen parallelen Verlauf der Risse, welche vermutlich im Zusammenhang mit der Spaltungsrichtung der betreffenden Mineralien steht. Aber gleichzeitig treten neben diesen mehr regelmäßig verlaufenden andere Risse hervor, die jene rechtwinklig oder schief durchkreuzen und ein wahres Netzwerk von Rissen erzeugen, so dass selbst sonst helle Mineralteilchen dadurch getrübt erscheinen. Sie müssen als ein Zeichen erlittener Zertrümmerung durch Stoß, Druck oder raschen Temperaturwechsel angesehen werden.

Durch diese rissige Beschaffenheit der meisten Gemengteile wird die weitere innere Natur vielfach verdeckt, so dass man nur selten in einzelnen größeren Teilchen die, wie es scheint, häufig vorkommenden Bläschen — aber soweit meine Beobachtungen reichen — ohne Flüssigkeitseinschlüsse, erkennen kann. Auch äußerst feine, staubartige Einmengungen zeigen sich häufig in den sonst hellen Mineralteilchen, obwohl eigentliche Mikrolithe zu fehlen scheinen.

Was die mineralogische Natur der einzelnen Gemengteile anbelangt, so dürfte eine große Anzahl derselben nicht einfachen Mineralien angehören, sondern Gesteinssplitter, die aus mehreren Mineralien zusammengesetzt sind, oder eine mehr oder weniger regelmäßige Verwachsung verschiedener Mineralien darstellen.

Olivin nimmt unter den einfachen Mineralteilchen zweifelsohne die erste Stelle ein. Nicht bloß das äußere Ansehen, die Farbe, der eigentümliche Glanz weisen viele der größeren Körnchen und Kristallsplitterchen dem Olivin zu, sondern diese Bestimmung findet ihre Bestätigung auch in der Zersetzbarkeit dieser Teilchen durch Salzsäure, in dem Braunwerden beim Glühen, und in dem bunten Farbenspiel bei Anwendung des polarisierten Lichtes in Dünnschliffen. Die meisten feinkörnig zerklüfteten Teile in der Abbildung gehören dem Olivin (o) an, ebenso viele der kristallartig regelmäßig umgrenzten Stückchen und selbst von den kugeligen Ausscheidungen wurden mehrere sicher als Olivin erkannt. Aber auch in der staubartig feinen Zwischenmasse, welche die einzelnen größeren Fragmente zu verbinden scheint, machen sich Olivinteilchen bemerkbar, wie das Braunwerden derselben beim Glühen erkennen lässt. Am eigentümlichsten ist die Olivinsubstanz in manchen felderartig gestreiften Kügelchen (sc der Abbildung) mit einer weißen, federartig streifigen Substanz, wie solche für sich in den strahlig fasrigen Kügelchen vorkommt, in lamellarer Verwachsung nach Art des Schriftgranits verbunden. Die schmalen, abgesetzt verlaufenden Olivinlamellchen treten sehr deutlich nach dem Glühen durch ihre dunkelbraune Färbung hervor. Dass sie einer Olivinsubstanz angehören, ergibt sich bei Behandeln mit Salzsäure, wobei sie zersetzt werden, während die meisten Zwischenlamellen unverändert stehen bleiben.

Feldspatige Bestandteile vermochte ich mit Sicherheit nicht nachzuweisen, obwohl einzelne wasserhelle Nädelchen i. p. L. die eigentümlichen fahlgelben und blauen Farben zeigen, wie solche für den Feldspat so charakteristisch sind und wie ich sie mit aller Bestimmtheit in größer Menge in dem Meteorstein von L'Aigle (Fall am 26. April 1803) beobachtete, der zahlreiche, von Feldspatnädelchen vollgespickte Gesteinstrümmer enthält. Auch die chemische Analyse bestätigt, dass jedenfalls feldspatige Teile nur in höchst untergeordneter Weise an der Zusammensetzung beteiligt sind.

Behandelt man massig feines Pulver längere Zeit mit Salzsäure in der Wärme, so zersetzt sich ein großer Teil der Gesteinsmasse — der Olivinanteil — unter Abscheidung schleimiger Kieselsäure ohne eigentliche Gallerte zu bilden. In dem durch Kochen mit Alkalien von Kieselsäure befreiten Rückstande erkennt man nun sehr zahlreiche, oft wasserhelle, parallelstreifige Teilchen, neben trüben pulvrigkörnigen Resten, die meistenteils von zertrümmerten Kügelchen herrühren. Auch die feinen, schwarzen Körnchen, welche hie und da gruppenweise Vorkommen, sind ungelöst geblieben, während neben Olivin das Meteor- und Schwefeleisen in Lösung übergegangen sind. Die mehr oder weniger wasserhellen Stückchen, die ungelöst geblieben sind, erweisen sich als doppeltbrechend und zeigen die schönsten Aggregatfarben i. p. L. Behandelt man diesen Rest noch weiter mit Flusssäure, so zersetzt er sich vollständig bis auf die feinen schwarzen Körnchen, welche Chromeisen oder einer kohligen Substanz angehören. Da beim Aufschluss der Gesteinsmasse mittelst Baryterdehydrat sich ein Gehalt an Chrom ergibt, so ist es höchst wahrscheinlich, dass die schwarzen Körnchen Chromeisen sind. Ich beobachtete zwar mehrfach beim Glühen des Gesteinpulvers ein sporadisches Verglimmen wie von kohligen Teilchen, ich konnte mich jedoch nicht bestimmt überzeigen, ob dies nicht von Staubteilchen herrührt, die dem Stein nicht ursprünglich angehören, sondern nur mechanisch anhaften.

Ändert man den Versuch in der Weise ab, dass man ein nicht zu dünngeschliffenes, jedoch gut durchsichtiges Blättchen des Gesteins erst in Salzsäure kocht, so behält dasselbe noch seinen Zusammenhalt. Auf eine Glasplatte aufgenommen und nun mit kaustischer Kalilauge sorgfältig behandelt, um die freigewordene Kieselsäure zu beseitigen, stellt dasselbe ein löcheriges Präparat dar, aus dem der Olivin, Meteoreisen und Schwefeleisen verschwunden sind, während das weiße Mineral und die meisten Kügelchen unverändert sich erhalten haben. Versucht man das auf diese Weise erhaltene Präparat mittelst Kanadabalsam unter einem Deckgläschen zu konservieren, so zerteilt sich bei dem geringen Druck, den das Auflegen des Deckgläschens verursacht, die Masse in einzelne Häufchen des weißen Minerals, in einzelne Flocken und in die runden Kügelchen, welche oft ganz frei hervortreten und eine unebene rauhe Oberfläche erkennen lassen. Außerdem machen sich äußerst spärlich kleine, lichtgranatrote, ziemlich regelmäßig 5-6 seitige Körperchen bemerkbar, die ich auch in den Dünnschliffen (g) beobachtete. Sie erinnern an Granaten, erweisen sich aber als doppelt brechend. Die Farbe lässt auch an Noseau denken. Doch stimmt auch damit die optische Eigenschaft derselben nicht.

Über die Natur der in Salzsäure unzersetzten, hellen Mineralteilchen, die wahrscheinlich der Gruppe des Augits angehören, vermag nur die chemische Analyse Aufschluss zu geben. Aber auch hierbei stellt sich eine gewisse Unsicherheit wegen der Anwesenheit der zahlreichen, gleichfalls in Salzsäure unzersetzten Kügelchen (abgesehen von den Olivinkörnchen) ein, die weder mit dem hellen Mineral identisch zusammengesetzt sind, noch überhaupt einem einfachen Mineral entsprechen. Manche dieser Kügelchen nähern sich in ihrem physikalischen Verhalten dem weißen Mineral, zeigen aber doch eine eigentümliche Art der Zerklüftung. Andere bestehen deutlich aus Lamellen verschiedener verwachsener Mineralien und noch andere sind wenig durchsichtig weiß, pulvrig körnig und zeigen häufig eine konzentrische Struktur mit dunkleren und helleren Zonen, oft auch mit einer rindenartigen dunklen Umhüllung oder einem teils dunklen, teils hellen Zentrum. Schwarze staubartige Körnchen, die in denselben vorkommen, sind meist gleichfalls konzentrisch oder radikal geordnet. Doch sind diese Kügelchen nicht amorph, da der Lichtschimmer in p. L. deutlich gefärbt erscheint. Ihnen schließt sich endlich die merkwürdigste Art dieser Kügelchen an, welche äußerst fein radialgestreift und feingekörnelt, schwach durchscheinend, weißlich gefärbt erscheinen. Die strahligen Streifchen sind exzentrisch und stehen in keinen Zusammenhang mit der äußeren Form der Kügelchen. Oft treten in einem Kügelchen mehrere Systeme von Streifchen felderweise neben einander auf. Im p. L. erscheinen trotz der geringen Durchsichtigkeit deutlich büschelförmige Farben, welche entfernt an die bekannte Erscheinung bei vielen Variolitknöllchen erinnert, ohne ihr jedoch ganz gleich zu kommen. Von der lamellaren Verwachsung olivinartiger Streifchen mit einer ähnlich fasrigen weißen Substanz ist schon früher berichtet worden.

Was nun die Entstehung dieser merkwürdigsten unter den Gemengteilen der Meteorsteine anbelangt, so nimmt Daubrée* an, dass sie durch ein Festwerden während eines wirbelnden Flugs durch Gase sich gebildet hätten, während Tschermak* sich für eine Entstehung in Folge einer Abrollung bereits fester Trümmer durch eine anhaltende Bewegung, wie sie durch vulkanische Explosion erzeugt wird, unter Hinweis auf ähnliche runde Kügelchen im trachytischen Tuff von Gleichenberg etc. ausspricht. Durch die letztere Annahme erklärt sich die bei vielen Kügelchen wahrgenommene Eigentümlichkeit, dass ihre innere Fasenstruktur ohne alle Beziehung steht mit der äußeren Kugelform. Selbst bei den Kügelchen mit deutlich konzentrischer Struktur dürfte an dieser Art der Entstehung festzuhalten sein, wenn man annimmt, dass, wie sehr wahrscheinlich ist, die konzentrischen Streifchen und schaligen Absonderungen nur als sekundäre Erscheinungen, als Folgen mechanischer und chemischer Veränderungen, welche das abgerundete Korn erst nach der Abrollung erlitten habe, aufzufassen sind.

*) Journ. d. savants. 1870. p. 38.

*) Sitz. d. k. Ac. d. Wiss. Wien. Bd. LXXI. 2. Abth. 1875. Aprilheft S. 9 u. 10.

Einen wesentlichen Anteil an der Zusammensetzung des Steins von Iowa nimmt das Schwefeleisen. Es erscheint auf kleine, unregelmäßig umgrenzte Flecke verteilt zwischen die übrigen Gemengteile gleichsam eingezwängt. Bei dem Behandeln des Gesteinspulvers mit Salzsäure entwickelt sich Schwefelwasserstoff, ohne dass sich Schwefel ausscheidet. Es dürfte daher dieses Schwefeleisen als Troilit zu bezeichnen sein. Noch häufiger erscheinen die aus Meteoreisen bestehenden Körnchen der Gesteinsmasse in meist zackigen, winkelig gebogenen, oft in feine Spitzen auslaufenden Klümpchen beigemengt, welche so innig an die nicht metallischen Teile sich anschmiegen, als ob das Eisen erst zuletzt etwa durch Reduktion an der Stelle ausgeschieden worden wäre, wo es sich vorfindet. Dieses Meteoreisen ist nickel- und etwas phosphorhaltig, sehr dehnbar, indem es sich mit dem Hammer leicht in dünne Blättchen ausschlagen lässt und aktiv, wie sich zeigt, wenn man ein geschliffenes Stückchen in Kupfervitriol taucht, wobei die Eisenfläche sich rasch mit einem Kupferniederschlag bedeckt. Ob durch Anätzen die Widmanstätten’schen Linien zum Vorschein kommen, konnte ich bei der Kleinheit der Eisenkörnchen nicht deutlich erkennen. Doch zeigten sich hellere und dunklere Flecke.

Dass das Gestein Wasser enthält, bedarf nicht erst eines Nachweises, da dies die nicht seltenen Rostflecke — Eisenoxydhydrat — zum Voraus verraten.

Auch verschiedene Gasarten sind bereits durch Wriht* in diesem Meteorit von Iowa nachgewiesen. Die vorläufigen Versuche Wriht's ergaben einen Gehalt an Gas, welches fast zur Hälfte aus Kohlensäure und Kohlenoxyd (CO2 = 35; CO = 14), im Übrigen hauptsächlich aus Wasserstoff besteht.

Das spezifische Gewicht des Steins in der inneren Masse beträgt = 3,75; das eines Rindenstückes = 3,55 bei 20° C.

*) The Americ. Journ. o. sc. a. arts. J. Dana a. Silliman May 1875. Vol. IX. Nr. 54. p. 459; auch Ann. d. Phys. u. Chem. Ergänz. Bd. VII Stück 2.

Chemische Analyse.

Zur Vornahme einer chemischen Analyse stand mir etwas über 1,5 Gramm Substanz zur Verfügung. Aus dem fein zerriebenen Pulver wurde zuerst mit aller Sorgfalt das Meteoreisen mit dem Magnet ausgezogen und dies durch wiederholtes Verfahren möglichst von allen anhaftenden Gesteinsteilen befreit, alsdann besonders analysiert. Ein Teil diente zur Schwefelbestimmung, das übrige wurde zuerst mit kochender Salzsäure behandelt, der auf diese Weise zersetzte Anteil und ebenso der unzersetzte mittelst Barythydrat aufgeschlossene weiter analysiert.

Er ergab sich hierbei folgendes Resultat:

Das Gestein besteht aus

Meteoreisen 12,32
Troilit 5,25
in Salzsäure zersetzbarem Teil 48,11
in Salzsäure unzersetzbarem Teil 34,32

Das Nickeleisen besteht außer Spuren von Kupfer und Schwefel, letzterer wahrscheinlich von etwas anhängenden Troïlit abstammend, aus

Eisen 83,38
Nickel (etwas cobalthaltig mit Schwefel und Phosphor) 16,62
also annähernd Fe5Ni

Der in Salzsäure zersetzbare Teil* (ohne Meteor-und Schwefeleisen berechnet) aus

Kieselsäure 38,38 Sauerstoff: 19,76
Eisenoxydul 28,58 Sauerstoff: 6,33
Manganoxydul 0,53 Sauerstoff: 0,12
Bittererde 31,49 Sauerstoff: 12,59
Tonerde 1,01 Sauerstoff: 0,47
Kalkerde, Alkalien, Wasser Spuren

Der in Salzsäure unzersetzte Rest besteht aus*

Kieselerde 53,96 Sauerstoff: 28,74
Tonerde 2,01 Sauerstoff: 0,94
Eisenoxydul 25,18 Sauerstoff: 5,57
Bittererde 8,91 Sauerstoff: 3,56
Kalkerde 4,04 Sauerstoff: 1,16
Manganoxydul Spuren
Chromoxyd 1,42 Sauerstoff: 1,16
Natron 2,39 Sauerstoff: 0,59
Kali 1,67 Sauerstoff: 0,29

*) Diese Analysen wurden von Hrn. Assistent Ad. Schwager ausgeführt. (1875. 3. math.-phys. Cl.)

Was das Meteoreisen und das einfache Schwefeleisen anbelangt, so bedarf es hierüber keiner weiteren Erörterungen. In dem durch Salzsäure zersetzbaren Anteil stellt sich ein Sauerstoffverhältniss der Basen und Säure nahezu wie 1:1 heraus und es bedarf auch hier wohl kaum einer weiteren Ausführung, dass dieser Anteil von einem eisenoxydulreichem Olivin weit vorherrschend herstammt. Weit schwieriger ist die Deutung des in Salzsäure nicht zersetzbares Bestes, dessen Bestandteile und ihre Sauerstoffverhältniss zu keinem bestimmten Minerale passen. Dies stimmt auch vollständig mit der optischen Analyse überein, bei welcher nach Entfernung der in Salzsäure löslichen Anteile neben den Sphärochondren in ihrer sehr verschiedenartigen Beschaffenheit noch ein helles rissiges Mineral und kleine schwarze Körnchen nachgewiesen wurden. Dass die letzteren aus Chromeisen bestehen, ist nach den Resultaten der Analyse jetzt kaum mehr zu bezweifeln. Das helle, rissige Mineral gehört wohl sicher der Augitgruppe an. Ganz außergewöhnlich ist der hohe Eisenoxydulgehalt, auch wenn man einen entsprechenden Teil als am Chromoxyd zu Chromeisen verbunden in Abzug bringt, wogegen die Armut an Bittererde und Kalkerde auf der anderen Seite auffallend ist. Der hohe Gehalt an Alkali scheint weiter mehr Bezug auf die Zusammensetzung der Kügelchen zu haben und auf deren feldspatige Zusammensetzung hinzudeuten. Gehört die Tonerde, wie wahrscheinlich, diesem Gemengteile mit der entsprechenden Menge Kieselsäure an, so könnte schließlich sich eine, — aber immer nur beiläufig entsprechende Zusammensetzung eines eisenreichen Augits, wie solcher in den Eukriten, z. B. dem von Juvinas gefunden wird, herausstellen. Immerhin scheint die nähere Natur dieses augitischen Gemengteiles schwierig ermittelt werden zu können. Obwohl die Analyse, welche J. L. Smith* von dem Iowa-Meteoriten mitteilt, nicht genau mit der obigen stimmt, so wird doch auch in dieser ein ungewöhnlich hoher Eisenoxydulgehalt in dem in Säuren unlöslichen Anteil nämlich 27,41% angegeben. Des Vergleichs wegen folgen hier die Smith'schen Angaben:

Der ganze Stein besteht aus:

Steinige Masse 81,64
Troilit 5,82
Nickeleisen 12,54

Der steinige Anteil enthält:

A) 54,15 in Säuren zersetzbare,
B) 45,85 in Säuren unzersetzbare Substanzen.

Diese bestehen nun weiter

Kieselsäure 35,61 55,02
Eisenoxydul 27,20 27,41
Magnesia 33,45 13,12
Tonerde 0,71 0,84
Alkalien, Eisen etc. 1,45 2,01

Darnach berechnet Smith die Zusammensetzung des Meteoriten aus:

Olivin 44,09
Pyroxen 37,55
Troilit 5,82
Nickeleisen 12,54

Dabei haben die runden Kügelchen keine weitere Berücksichtigung gefunden, was gewiss nicht naturgemäß erscheint, da sich diese Kügelchen nicht ohne Weiters als aus Augit bestehend ansehen lassen.

Unter den bisher analysierten Chondriten ist nur jener von Tadjera von einer ähnlichen Zusammensetzung*, jedoch kieselsäureärmer und kalkreichen.

*) Rammelsberg, D. chem. Natur d. Meteoriten, S. 157.

Fasst man die Ergebnisse der Untersuchung des Steinmeteoriten von Iowa zusammen, so berechtigen sie zu folgenden Schlüssen:

  1. Die Steinmasse besteht aus unregelmäßigen Mineralsplitterchen von Olivin und einer augitähnlichen Substanz, welche von einem zertrümmerten Gestein hergenommen scheinen. Denselben sind einzelne aus verschiedenen Mineralien zusammengesetzte Stückchen beigemengt. Auch scheint eine feldspatige Substanz in geringer Menge vorhanden zu sein. Fein zerriebene Teilchen dieser Mineralien schienen das Kittmittel abzugeben.

  2. Die rundlichen Kügelchen machen neben den erwähnten Mineralteilchen einen wesentlichen Teil der Substanz des Steins aus. Sie gehören teils dem Olivin an, teils stellen sie lamellare Verwachsungen von Mineralien dar oder bestehen aus strahlig fasriger Masse. Ein Teil derselben scheint aus feldspatiger Substanz zu bestehen. Ihre Form verdanken sie einer mechanischen Abrundung.

  3. Die Meteoreisenkörnchen liegen so zwischen den Mineralsplitterchen und Kügelchen angeschmiegt, als seien sie erst nachträglich durch Reduktion entstanden.

  4. Von Glas- oder Lava-ähnlichen Beimengungen (die Schmelzrinde ausgenommen) ist in dem Gestein nichts zu finden. Es ist kein aus dem Schmelzfluss hervorgegangenes, kristallinisches, sondern ein klastisches Gestein, dessen Gemengteilchen nicht die Eigenschaften einer vulkanischen Asche an sich tragen.